Sie sind aus Kirsche, Nussbaum, Esche, Eiche und Ahorn, 23 cm hoch und 16 cm breit. 14 Arbeitsschritte sind nötig, damit aus einem Holzbrett ein Hakenbrett von „Brot am Haken“ wird. 100 Stück unserer „Aushängeschilder“ haben wir in der Schreinerei der Justizvollzugsanstalt München fertigen lassen.
Schreinermeister Andreas Knoblauch holt uns mit dem Fahrrad an der Pforte ab. Die JVA Stadelheim ist eine von 36 Justizvollzugsanstalten in Bayern und mit einer Fläche von 14 ha eine der größten in Deutschland. Das macht ein Rad für die langen Wege unentbehrlich.
Alle Justizvollzugsanstalten haben Eigenbetriebe, denn „bei den Bemühungen um die soziale Wiedereingliederung von Verurteilten“ kommt laut Strafvollzugsgesetz „der Hinführung zu einer geregelten Arbeit und – erforderlichenfalls – der beruflichen Aus- und Weiterbildung entscheidende Bedeutung zu“. Die JVA Stadelheim hat 12 Arbeitsbetriebe. Am längsten – seit 1966 – besteht die Kfz-Werkstatt. An der Pforte kommen wir gleich mit einem Motorradfahrer ins Gespräch, er schwört auf Leistung – und Preis.
Die Schreinerei besteht seit 1982, acht Gefangene und ein Lehrling arbeiten derzeit in den Werkshallen. Um 6 Uhr 55 ist Arbeitsbeginn – die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Gefangenen entspricht der im öffentlichen Dienst. Kaum jemand schaut auf, als wir ankommen, jeder ist vertieft in seine Arbeit. Lange Fensterfronten und Oberlichter lassen viel Licht hinein und geben den Blick frei auf Holzstapel, Bienenhäuser und die Mauern eines neuen Nebengebäudes, für das jüngst der Gemüsegarten an den Sportplatz weichen musste.
Mit Aufträgen ausgelastet
Die meisten Aufträge kommen von Privatleuten, wie etwa der hohe Nussbaumschrank, der vor uns steht. „Bis auf Fenster und Türen fertigen wir alles“, sagt Betriebsleiter Andreas Knoblauch. Die Nachfrage sei groß und die Schreinerei ausgelastet. Für ihn selbst ist die Arbeit „sehr interessant“. „In keinem anderen Betrieb habe ich eine solche Bandbreite an Aufgaben. Ich muss mich hier bei allen Mitarbeitern um alles kümmern, um persönliche Probleme, um Kontoanfragen, um Besuchsbegleitung.“
Unseren Hakenbretter-Auftrag hat Max (Name geändert) zusammen mit einem Praktikanten übernommen. Max, wegen Drogenhandels zu sechs Jahren Haft verurteilt, gehört zu der „Minderheit“ der Strafgefangenen in Stadelheim – 730 von 1.200 Häftlinge sind derzeit hier in Untersuchungshaft und werden nach wenigen Monaten in andere Gefängnisse verlegt. „Ich habe alles versucht, um hier bleiben zu können“, sagt Max und meint mit „hier“ vor allem die Schreinerei. Vor einigen Jahren hat der durchtrainierte junge Mann schon mal als Schreiner gearbeitet, zuletzt war er selbständig. Seit Oktober 2013 arbeitet er nun bei Andreas Knoblauch, der Umgang ist entspannt, die beiden lachen viel. Der Stundensatz eines Gefangenen liegt je nach Vergütungsstufe zwischen 1,15 Euro und 1,91 Euro. Vier Siebtel der Bezüge werden für die ersten Wochen nach der Entlassung festgelegt: „zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts“.
Er hofft wegen guter Führung, und weil es seine erste Haftstrafe ist, nach vier Jahren entlassen zu werden. Max ist offen. „Die erste Zeit hier war sehr sehr hart. Ich war ja selbstständig tätig und mein Leben verlief sehr selbst bestimmt. Das war dann von einem auf den anderen Tag vorbei.“ Seine Familie stehe hinter ihm, trotz allem. „Die Familie wusste nichts. Besonders für meine Mutter waren meine Verhaftung und die ersten Zeit grenzwertig. Wir wohnen in einem Dorf mit 450 Einwohnern.“ Max hofft, auch bald mit auf Montage zu den Auftraggebern fahren zu können, 18 Monate vor Haftende sei das möglich. „Es hat sich hier bei mir viel zum Guten gewendet.“
Wir haben noch am selben Tag die ersten Hakenbretter von Max in der Volkartstraße 11 aufgestellt, in der Filiale der Bäckerei von Ludwig Neulinger.